Die Geschichte der Aromatherapie
Der Gebrauch aromatischer Pflanzenteile sowie der daraus hergestellten Essenzen ist so alt wie die Menschheit. Düfte wurden nicht nur zur Harmonisierung von Körper, Geist und Seele eingesetzt, sondern auch direkt zu Heilzwecken. Die Anwendung von aromatischen Pflanzenteilen erfolgte in Form von Räucherwerk, Harzen, Salben, Kosmetika, Duftölen, Essenzen, Parfums usw.
Altertum und Antike
Bereits vor etwa 7000 Jahren wurden aromatische Heilpflanzen im Orient und in Asien angebaut und kultiviert.
Schon früh erfolgte die Weiterverarbeitung durch Destillation mit einfachen Hilsmitteln. Die ältesten Funde sind zweiteilige Destillationsgeräte aus Ton, die in Mesopotamien vor etwa 5500 Jahren zur Herstellung von Duftölen gebräuchlich waren.
Im alten Ägypten wurde die Destillation von Terpentin und Zedern durchgeführt. Das Ätherische Öl von Blüten wurde in fetten Ölen gelöst. Ägyptische Priester stellten mit Aromaölen Salben und Pflaster her. Ätherische Öle wurden zur Einbalsamierung der Toten verwandt.
Im alten Testament finden sich zahlreiche Rezepte für Salben, aromatische Öle und Räucherungen (2. Buch Moses).
Der griechische Geschichtsschreiber Herodot berichtet im 5. Jh vor Christus von der Wasserdampf Destillation zur Gewinnung Ätherischer Öle.
Bei den Hebräern, Sumerern, Assyrern und Chinesen war der Einsatz duftender Pflanzenessenzen zu Heilzwecken verbreitet.
Im altindischen Ayurveda wurden medizinische Anwendungen und Massagen mit Sandelholzöl und anderen Ätherischen Ölen aufgeführt.
Der römische Geschichtsschreiber Plinius der Ältere berichtet über die Anwendung von Pfefferminzblättern zur Reinigung von Krankenräumen. Der Gebrauch aromatischer Stoffe erlebte in den beiden nachchristlichen Jahrhunderten allgemein bei den Römern einen enormen Aufschwung. Man verwandte Parfüms, duftende Körperöle und duftende Kosmetika in einem sehr grossen verschwenderischen Umfang. Ausserdem wurden Ätherische Öle sehr gezielt zu Heilzwecken eingesetzt. In verschiedenen Werken (zB von Dioscurides) wurden die Duftstoffe beschrieben und spezifische Heilwirkungen zugeordnet.
"De materia medica" ist ein sehr bekanntes und in den nachfolgenden Jahrhunderten oftmals abgeschriebenes Buch mit der Beschreibung von mehr als 600 Medizinpflanzen. Verfasst wurde es um 50 n. Chr. von Dioskorides, dem griechischen Militärarzt Kaiser Neros.
Mittelalter
Sehr bekannt sind die Bücher des persischen Arztes und Alchemisten Ibn Sina. Er ist auch unter dem Namen Avicenna (980 – 1037 n. Chr.) bekannt und schrieb den 'Kanon der Medizin' und das 'Kleine Lehrgedicht der Medizin', in denen er die Heilwirkung der Ätherischen Öle ausführlich beschrieb. Avicenna entwickelte die Destillation zur Gewinnung von Ölen weiter.
In Europa kam es zu einem kulturellen Untergang und zur Vernichtung überlieferten Wissens. Davon war insbesondere auch die Heilkunst und die Anwendung von Pflanzendüften betroffen. Die Mönche des heiligen Benedikts besannen sich auf die vergessenen Heilkünste mit Aromapflanzen und bauten diese Kräuter an. Karl der Große förderte den Anbau dieser Pflanzen durch Dekrete, in denen er die Anlage von Kräutergärten befahl (Capitulare de Villis et curtis Imperialibus).
Hildegard von Bingen entwickelte die Medizin der heilkräftigen Kräuter weiter und beschrieb in zahlreichen Büchern die Heilkraft von Pflanzen und Düften.
Weitere positive Impulse gingen von den Universitäten Spaniens und Südfrankreichs im 12. und 13. Jahrhundert aus.
In der Phase der Verfolgungen von Hexen und Heilkundigen durch die Kirche kam es wieder zu großen Verlusten an Wissen um die Heilkräfte der Duftpflanzen.
Neuzeit
Die den Kräutern und Pflanzenessenzen gewidmeten Veröffentlichungen des englischen Arzt und Astrologen Nicholas Culpeper (1614 - 1654) fanden eine weite Verbreitung und verhalfen der Anwendung von pflanzlichen Düften Heilzwecken zu großer Popularität. Sein Werk beeinflusste für viele Jahrhunderte viele Alchemisten und Ärzte in Europa.
Einen enormen Aufschwung erlebte die Anwendung von Ätherischen Ölen durch die Veröffentlichungen des Franzosen Gattefossé. Der Chemiker René Maurice Gattefossé erlitt 1910 in seinem Labor durch eine Explosion schwere Verbrennungen an Händen und Kopfhaut. Die Verbrennungen hätten normalerweise schwere Entstellungen zurückgelassen. Er versorgte jedoch seine Verbrennungen mit Lavendelöl und war vollkommen überrascht, dass seine Verbrennungen sehr schnell und völlig ohne Narbenbildung abheilten. Dies animierte ihn, Forschungen über die Wirkung von Ätherischen Ölen anzustellen. Aufgrund seiner Veröffentlichungen wurden im 1. Weltkrieg Verletzungen erfolgreich mit Ätherischen Ölen behandelt. Gattefossé produzierte 1918 eine antiseptische Seife auf der Basis von Ätherischen Ölen, die desinfizierend auf damit gewaschene Kleidungsstücke und Verbandsmaterialien wirkte. In den folgenden Jahren beschäftigte er sich nur noch mit den medizinischen Eigenschaften der Duftessenzen, insbesondere von Bergamotte. Weitere Produkte und auch Schönheitsprodukte auf Basis von Ölen und eine Vielzahl von Veröffentlichungen folgten. Sein zentrales Interesse lag auf der Erforschung der antibakteriellen und desinfizierenden Eigenschaften der Öle. 1936 veröffentlichte er das Buch 'Physiologische Ästhetik und Schönheitsprodukte', welches in Fachkreisen sehr positiv aufgenommen wurde. Seine 1937 veröffentlichten Werke 'Aromatherapie' und 'Essentielle Antiseptika' können als Meilenstein in der Anwendung der Ätherischen Öle angesehen werden. Der Wort Aromatherapie tauchte in dieser Form hier erstmalig im Titel des Werkes 'Aromatherapie' auf und hat dieser Therapie erst ihren Namen gegeben.
Der Militärchirurg Jean Valnet setzte inspiriert durch Gattefossé Ätherische Öle intensiv bei Behandlungen von Kriegsverletzungen ein. Auch in seiner Arztpraxis nutzte er Ätherische Öle und Kräuter bei der Behandelung seiner Patienten. Er schrieb das Buch 'Aromatherapie: Traitement des Maladies par les essences des Plantes' und war in der Ausbildung von Kollegen in der Aromatherapie tätig.